A Soul of Europe Konferenz 2017: Wer übernimmt Verantwortung in Europa?

Eine Reihe von neuen Herausforderungen gefährdet seit geraumer Zeit die europäische Idee: Zahlreiche Menschen zieht es nach Europa, weil sie aus ihrem Heimatland flüchten müssen oder von dort vertrieben werden. Nationale Wahlen in verschiedenen EU-Mitgliedsstaaten verändern grundlegend die politische Landschaft. Es scheint komplex: Strenge nationale Vorschriften, die geringe Wirksamkeit der parlamentarischen Ebene sowie die mangelnde Einbeziehung der lokalen und regionalen Ebene in europäische Angelegenheiten. Forderungen einzelner Regionen nach mehr Autonomie und Unabhängigkeit werden immer lauter – so zeigt die Initiative “Pulse of Europe” eindrucksvoll, dass eine öffentlich sichtbare Bürgerbeteiligung eine lebhafte Debatte über die Zukunft Europas auslösen kann, die das Potenzial hat sich auf viele verschiedene europäische Städte auszubreiten.

Vor diesem Hintergrund fand die Konferenz “A Soul for Europe” mit dem Titel “Wer übernimmt Verantwortung für Europa? Wie Bürger, Städte und Parlamente für die Zukunft Europas zusammenarbeiten müssen.“ am 10. und 11. November 2017 im Radialsystem V in Berlin statt. Im Mittelpunkt der Konferenz stand die Darlegung der konstitutiven Rolle von Bürgern und städtischen Gemeinschaften.

Die Initiative

2004 startete die Initiative „A Soul for Europe“ (ASfE), die aktiv am „Europa von unten“ baut und auf die Kooperation zwischen Zivilgesellschaft und Politik setzt. Die gut vernetzte und breit aufgestellte Initiative, heute getragen von rund 40 jungen Europäerinnen und Europäern aus über 20 Ländern, arbeitet daran, das kulturelle Potenzial Europas für den europäischen Einigungsprozess einzusetzen.

Die Konferenz

Die u.a. von der ASfE ins Leben gerufene Konferenz brachte Vertreter aus Kultur, Politik, Medien und Wirtschaft sowie anderer zivilgesellschaftlicher Bereiche zusammen und diente als Plattform, gemeinsam über die Konsequenzen zu diskutieren, die sich aus den jüngsten Entwicklungen ergeben.  Ziel der #ASfE-Konferenz war es ein tiefes und positives Gespräch über Europa anzuregen und einer neuen Generation dabei zu helfen, sich mit den aktuellen politischen Entscheidungsträgern zu verbinden. Es wurden Verantwortlichkeiten thematisiert, wie Kommunen zur europäischen Reform beitragen können und es wurde darüber gesprochen, wie Bürger, Städte und Parlamente für die Zukunft ein Europa zusammenarbeiten können.

Startpunkt war am 10. November eine Eröffnungsveranstaltung im Allianz Forum, bei dem Vertreter jeder politischen Ebene vorgestellt wurden. Worte des Willkommens gab es vom Staatssekretär für Europa von der Senatsverwaltung für Kultur, Gerry Woop. Zu den Gästen zählten u.a. der Bürgermeister von Cluj-Napoca Emil Boc, das Mitglied des europäischen Parlaments Elmar Brok und der Präsident des Ausschusses der Regionen der EU Karl-Heinz Lambertz. Begleitet und moderiert wurde die Eröffnung von Carin Tiggeloven und Laura Kleiner, beide Mitglieder der Initiative „Wir sind Europa!“ sowie Volker Hassemer, dem Vorstand der Stiftung Zukunft Berlin.

Nach einem Einführungspanel wurden in parallelen Workshops verschiedene Themen vertieft, die in einen von drei thematischen Tracks fielen. „Cities and Urban Change“, „Europa von unten“ und „Kunst & Politik – ein gutes Spiel?“. Auf dem European Marketplace zeigten ausgewählte zivilgesellschaftliche Projekte, wie aktive Kommunen und einzelne Bürger ihre Verantwortung für Europa wahrnehmen.

Am 11. November, dem eigentlichen Konferenz-Tag, war es das Ziel mit Foren, Diskussionen, Workshops, Round Tables und offenen Dialogen das Verständnis zwischen politischen, kulturellen und wirtschaftlichen Meinungsbildnern zu stärken. Ein Besonderes Highlight am diesen Tag war die Panel-Diskussion mit den Gästen Karl-Heinz Lambertz, Emil Boc, Michael Cramer, Hella Dunger-Löpez und Urzula Bertin.

How can cities and citizens strengthen Europe?

Den Einstieg und als Moderatorin durch die Panel-Diskussion führte mit großer Begeisterung Brigitte Russ-Scherer (Cities of Europe-Initiative). Neben den Beiträgen der Gäste, wie Städte ihre Verantwortung für Europa wahrnehmen können und welche Veränderungen wir dazu brauchen, wurden 7 kreative Projekte vom European Marketplace vorgestellt. Diese Plattform für zivilgesellschaftliche Organisationen zeigt die Vielfalt und enorme Breite auf, wo sich Bürger und Städte für ein gemeinschaftliches Europa engagieren können.

Im Diskurs stand die Frage „wo man Brücken bauen kann, bevor man Mauern errichtet?“. Die Gäste kamen zu dem Schluss, dass man den Akteuren Raum zur Verfügung stellen muss, um einen kulturellen Austausch zu fördern und Diskussionen zu führen und dass alle Beteiligten diese mitgestalten müssen. Diese Diskussionen dürfen auch provozierend sein, denn dadurch entsteht neue Kreativität und setzt proaktive Kraft frei.

Einig sind sich alle Gäste darüber, dass die Gründung von Initiativen, Verbänden und Kollaborationen über die Grenzen des eigenen Landes hinaus die Entwicklung von Kultur in Europa stärkt. Die Vernetzung und das unermüdliche Engagement des Einzelnen in Initiativen, das Wissen und die Erfahrungen sowie die Wertevermittlung durch das eigene Erleben machen es möglich, dass in Zukunft aktiv Brücken geschlagen werden und auf diese Weise die Zukunft, Kultur und Begegnungsstätten eines gemeinschaftlichen Europas zu gestalten.

Nach einem kulinarischen Lunch ging es am Nachmittag mit dem Part II der Panel-Diskussion weiter, in der die jeweiligen Projekt-VertreterInnen in persönlichen Gesprächen ihre individuellen Erfahrungen und ihr Expertenwissen mit den Konferenz-Teilnehmern teilten.

Die Zukunft. Ein Europa.

Am Ende der Konferenz wurde deutlich, dass das Konstrukt „ein Europa“ sehr komplex ist. Jedoch setzen die zahlreichen verschiedenen Initiativen bereits viele positive Impulse und fördern durch ihre grenzüberschreitenden Kooperationen und die vielfältige Zusammenarbeit untereinander die Zukunft eines gemeinschaftlichen Europas.

Zukünftig sollte die gemeinsame Union stärker kulturell ausgerichtet sein. Die Initiativen und Verbände sollten all ihre Anliegen, Stimmen und proaktive Kraft weiter nach vorne fokussieren, diese bündeln und sortieren. Durch diese wichtigen Impulse in den Städten wachsen die Hoffnung und der Glaube des Einzelnen und das stärkt die europäische Gemeinschaft. „Ein Europa“ kann nur „von unten“, von den Bürgern und aus den Städten und Regionen heraus mit Leben gefüllt werden, denn in den Städten ist die Kultur, ist Europa zu finden. Berlin kann hier eine Vorreiterrolle übernehmen, denn Europa gehört zu Berlins Zukunft.


 Fotokredit: Felix Francke (Stiftung Zukunft Berlin)